Dienstag, 10. Januar 2017

Talk Nerdy To Me - Die etwas andere Art meiner Kommunikation

Talk Nerdy To Me ...

Auch wenn der Titel etwas anstößig wirkt, ist er keineswegs so gemeint. Er beschreibt genau das, wie man bei mir nahezu instant das Eis brechen kann, da die Zockerei und das Nerd-Dasein eben genau das stark unterstützen.
Egal ob Comics, Mangas, Anime, Filme, Serien oder Videospiele, bzw. Gespräche über Hardware, sei es Home Entertainment, PC oder Konsole, ich werde direkt hellhörig und kann mich in der Regel sehr schnell in das Thema einbringen. Es ist eben ganz mein Ding und vielleicht auch das einzige, bei dem ich locker werde. Smalltalk über "reale" Themen sind da nicht wirklich meins. Bei vielen Themen mag ich auch nicht mitreden, weil sobald es in Richtung Politik oder Religion geht, schaltet mein Kopf auf Durchzug. Dann doch lieber über die neue Prozessorgeneration von Intel reden und darüber philosophieren, wie hoch der Overclocking-Rekord dieses Mal ausgeht.

In meiner Zeit als Gamer habe ich viele Leute kennengelernt, gerade in den MMORPGs kann man sich mit sowas ja auch sehr einfach machen. Man setzt sich in World of Warcraft einfach irgendwo in der Pampa hin, wirft die Angel aus und verfolgt den Gilden- oder Regionalchat. Manches Mal reichte es auch einfach mal "Kartoffel" in den Chat zu werden und man erntete direkt ein "lol" oder "-salat" oder sonst so was, das ganze sponn man weiter und schon hatte man einen neuen Dialog. Diesen in verschiedene Richtungen zu lenken war ab dann nicht schwer und so manches Mal habe ich dadurch neue Leute für gemeinsame Abenteuer in Azeroth gefunden.
Schwieriger wird es da in Spielen, die entweder keinen Chat unterstützen oder wo man sich so derb gegenseitig auf die Moppe gibt, dass es eigentlich nur noch in Hass ausarten kann. Unheimlich lustig sind dann Spiele, in denen es einen Srachchat gibt, wo die Leute teilweise weniger Kontrolle über ihr Mikrofon haben, als Inkontinente über ihre Blase. Da wird gebrüllt, unnötig laut Musik gehört und manches Mal hört man im Hintergrund auch durchaus mal einen Porno laufen ...
Oder im Nachbarzimmer wird gerade ordentlich für Nachwuchs gesorgt. Ganz toll sind dann auch Sprachchats, in denen wir es dann mit Spielern aus aller Welt zu tun bekommen. Da spricht der Franzose gerade mit deinem Teammate und plötzlich hagelt es russische Beleidigungen. Spricht man als Deutscher dann dazwischen, wird einem gleich wieder der Nazi an den Kopf geworfen, na danke auch.

Aber zurück zum Thema.

Ich bin unheimlich schlecht darin, von mir aus auf Menschen zu zugehen und "souverän" zu sein, einfach der Mensch, der ich wirklich bin. Ich handel mich meist selber unter Wert und meine eigene Unsicherheit verwährt es mir, den ersten Schritt zu machen - Es zu wissen macht es nicht einfacher, denn in mir herrscht dieses miese Gefühl nicht dazu zu gehören.
Ist vielleicht im ersten Moment unverständlich oder nicht wirklich begreiflich, selbst mir macht es nicht viel Sinn, aber vielleicht kennt ihr das Gefühl ja. Davon begeistert bin ich auf keinen Fall und diese stetige Unsicherheit kotzt mich absolut an.

Doch alles was ich eigentlich brauche ist ein Angriffspunkt, um dann das Eis zu brechen und dann kann es auch schon losgehen. In der Regel fange ich dann an zu plappern, bis ich heiser werde. Egal ob auf der Arbeit oder auch im Privaten: Kann ich Gemeinsamkeiten ausmachen, werde ich im Nu zum sympathischen Kumpel. Allem Anschein nach sogar so sympatisch, dass viele Leute sich mir sehr schnell und sogar privat anvertrauen, dabei habe ich eine solche Option eigentlich nie offen ausgesprochen, aber es kommt von ganz allein.
Irgendwie ist es halt so und gerade bei den meisten Frauen lande ich direkt in der "Teddybär"-Schublade.
Aber lustigerweise nur dann, wenn ich real Frauen kennen lerne, online, bzw. in Videospielen oder Chats sieht das dann anders aus. Der Kontakt ist in der Regel deutlich spärlicher, doch da werden dann sogar intime Details ausgeplaudert und ich kann euch sagen, dass ich da schon einiges an Geschichten gehört habe ... Bin ich nicht zwangsläufig stolz drauf, aber hat doch irgendwie was für sich. Zumindest könnte ich eine echte Sammlung erotischer Kurzgeschichten veröffentlichen xD
Ich glaube, das hat etwas mit dem Vorzug der Anonymität zu tun, effektiv hätte man mir auch einfach was vorgaukeln können, aber der Kontakt beschränkte sich nicht nur auf das Spiel, sondern wurde auch "outsourced". Man tauschte Nummern aus, sprach in Teamspeak oder textete über Facebook. Es war auf jeden Fall eine extrem interessante Erfahrung, doch seitdem ich meinen Fokus nicht mehr auf MMORPGs lege, lerne ich auch weit weniger Leute kennen als früher. Manchmal denke ich wirklich darüber nach, mich doch wieder ernsthafter in eine Fantasy-Welt zu stürzen.


Wenn ich mir mal überlege, dass ich seit 2002 MMORPGs spiele und seither eine gewaltige Zahl an Leuten kennengelernt habe, fragt man sich, wieso sich meine soziale Kompatibilität so in Grenzen hält.
Einerseits würde ich das echt gern allein auf meine bipolare Störung schieben, aber da steckt tatsächlich viel, viel mehr hinter. Ich habe mit der Zeit eine ... Das klingt jetzt hochgestochen pseudo-medizinisch-wissenschaftlich-gelötdingst ... "Semi-Sozialphobie" aufgebaut. Was ich damit sagen will?
Folgendes: Ich bin ein Mensch, der seine Privatsphäre mehr als schätzt und diese um jeden Preis erhalten will, heißt ich bin gern für mich, in meiner Festung der Einsamkeit oder meiner Man-Cave, wie auch immer. Dennoch wünsche ich mir eigentlich, dass ich hier wen um mich hätte, doch hier muss man auch differenzieren! Meine beste Freundin ist für mich ein extremer Ruhepol, wenn ich das mal so sagen kann. Wenn wir beide in einem Raum sind, müssen wir nicht groß reden, wir müssten nicht einmal wirklich kommunizieren oder interagieren, ihre bloße Anwesenheit spendet mir die Ruhe und Gelassenheit, die ich mir wünsche, doch schätze ich im Umkehrschluss auch ihre Lebhaftigkeit, wenn wir dann doch viel reden, uns Videos ansehen oder gemeinsam zocken.

Anders ist es, wenn ich generell Besuch habe, da versucht man die gemeinsame Zeit mit irgendwelchen interessanten Dingen oder Belanglosigkeiten zu füllen, sodass es schon fast gezwungen wirkt, bis man am Ende kein Pulver mehr hat und sich ein unbehagliches Schweigen breit macht. Ich fühle mich dann in eine Notwendigkeit gedrängt, irgendwas dagegen zu unternehmen, doch was soll ich da machen?
Richtig! Nerd-Talk!
Hier kommen wieder die oben genannten Punkte zusammen, doch nicht immer gelingt es und ich verhaspel mich in meiner eigens auferlegten Fürsorge- und Informationspflicht, die ich mir dann aber nicht geben will, bzw. geben kann und schwupp beginnt der Zyklus von vorn und ich sitze wieder da und sage nichts - Totally awkward ...

Manches Mal sitze ich vor meinem Rechner und frage mich, ob ich überhaupt sozialkompatibel bin oder ob der Zug abgefahren ist. Dann erlebe ich es wieder, dass ich, meist durch die Arbeit, Leute kennen lerne, die sich für mich, bzw. das was ich zu sagen habe, interessieren und da steigere ich mich auch sehr oft rein, was vielleicht auch damit zu tun hat, dass meine Ex-Freundin mal sagte "Mit deinem Wissen wirkst du echt sexy auf mich und sicher auch auf andere, denn Intelligenz macht verdammt attraktiv.".
In gewisser Hinsicht habe ich eben genau das immer wieder erlebt: Ich lerne in einem MMORPG eine Frau kennen, rede mit ihr über das Spiel, dessen Geschichte oder andere Dinge, die damit zu tun haben, weite das Thema dann auch auf andere Dinge aus, die aber allesamt eben das Thema Nerd-Talk in sich erschließen und kurzerhand habe ich eine neue Bekannte gewonnen, mit der ich dann in der Regel auch schnell sehr engen Kontakt knüpfe.
Doch was ist aus alledem eigentlich geworden? Effektiv kann ich dazu nur Folgendes sagen: Nichts!
Bisher habe ich keine meiner Internetbekanntschaften "behalten". Eine langjährige, gute Freundin von mir hat sich ziemlich genau dann abgesetzt, als es zwischen uns etwas intimer wurde. Es war ihr wohl nicht wirklich Recht, in welche Richtung das ganze ausgeufert war und nachdem man sich dann eines Abends verabschiedet hat, schrieb man noch eine Weile auf Facebook, bzw. per WhatsApp, aber nach einer Weile ebbte der Kontakt vollkommen ab und seither ist es nur noch eine schöne Erinnerung.


Und eben genau das zieht sich durch mein ganzes Leben, seitdem ich festgestellt habe, dass mit mir, bzw. meiner Psyche etwas nicht stimmt und das Internet, bzw. die MMORPGs für mich als Kompensation erschlossen habe.
Es zieht sich durchweg wie ein roter Faden und manches Mal habe ich mir selber gesagt "Sebbo, du weißt, wie das enden wird, willst du das wirklich wieder durchmachen?" und ganz in der Hoffnung, dass es besser wird, komme ich aus meiner Schutzblase und knüpfe neue Kontakte. Dies aber mittlerweile sogar ausserhalb des Internets, aber dennoch in einem "Safe-Space", meinem Arbeitsplatz.

Talk Nerdy To Me ist meine Art, mich zu präsentieren und eine gewisse Art der Kompetenz auszustrahlen, mit der ich versuche mein Umfeld meiner Vorstellung anzupassen und stark zu wirken, obwohl ich im Inneren eigentlich ein echter Weichkeks bin, auch wenn das sehr harsch rüber kommen mag.

Zur Zeit bin ich wirklich froh, dass ich diesen Blog gestartet habe, da ich mich sehr viel mit dem, was mich beschäftigt, nervt, quält, aber auch belustigt und am Leben hält, auseinandersetzen kann.


An diesem Post sind nun unglaubliche 8 Stunden Arbeit vergangen, ich habe viele Zeilen überdacht, gelöscht, neu formuliert, neu strukturiert und am Ende habe ich wahrscheinlich noch weit weniger geschrieben, als ich eigentlich vorhatte. Doch sei es drum, nun habe ich mir wieder einmal etwas Luft machen können und ein wenig von der Seele geschrieben.
Vielleicht kennt der eine oder andere ähnliche Situationen oder hat Ähnliches erlebt und kann irgendwo nachvollziehen, was in mir vorgeht.
Man darf nicht denken, dass ich gerade eine Down-Phase habe, ganz im Gegenteil, eigentlich bin ich gerade echt gut drauf, aber vielleicht fällt es mir eben deswegen recht schwer, diese Zeilen nicht so wirklich ausführlich zu schreiben. Andererseits könnte man dann auch denken, dass ich vielleicht zu kaputt im Kopf bin, um nochmal was Ordentliches auf die Beine zu stellen. Aber hier sei gesagt: Es geht bald weiter! Ich bin aktuell nur etwas unentschlossen, was ich als Nächstes veröffentlichen soll ... Ich habe einige unveröffentlichte und unfertige Blogposts in der Liste, die ich langsam mal fertig stellen sollte - Ihr dürft gespannt sein und seid versichert: Sie werden merklich weniger rührselig ;)

Vielen Dank an alle, die diesen Post bis hierhin geschafft haben! In den folgenden Tagen werde ich den Post auch noch als Audio-Datei hochladen und bereitstellen.

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